Vorstand erklärt
Innovationsmanagement: So treibt Lapp neue Ideen voran
Hubertus Breier, Vorstand für Innovation und Technik bei Lapp, gewährt Einblicke in seinen Ansatz, Innovationen voranzutreiben und die Zukunft zu gestalten.
Alle Unternehmen, egal wie lange sie schon am Markt sind, müssen sich immer wieder neu erfinden, um innovativ zu bleiben und die Zukunftspotentiale von morgen zu finden. Wie das gelingt, weiß Hubertus Breier, schließlich ist er im Vorstand für Lapp für eben jene Innovationen verantwortlich. Innovation ist für ihn dabei ein breit gefasster Begriff, den er nach Josef Schumpeter als „Durchsetzung neuer Kombinationen“ definiert. In diesen drei Wörtern viel stecke nämlich so einiges: „Durchsetzung bedeutet, die Innovation muss auch Markterfolg nachweisen“, betont er. Zudem müsse etwas Neues geschaffen werden, das es vorher nicht gab, sei es eine technologische Neuerung oder eine transaktionale Innovation wie ein Servicegedanke.
Breier betont drei wesentliche Aspekte zur Innovationsförderung: organisatorisch, inhaltlich und kulturell. Organisatorisch muss ein Rahmen für die Entfaltung von Innovation geschaffen werden, inhaltlich müssen die relevanten Märkte und Technologiefelder identifiziert werden, etwa mithilfe eines Tech Radars oder einen Technologiebeirats. Kulturell geht es um die Förderung von Kreativität der Mitarbeitenden.
So hat Lapp das Innovationsmanagement aufgestellt
Damit das alles funktioniert, haben die Verantwortlichen bei Lapp hat einen klaren Rahmen für den Innovationsprozess geschaffen. Im Mittelpunkt stehen dabei laut Breier die Menschen, die zusammenarbeiten und verstehen müssen, „wo, an welcher Stelle, mit welchem zeitlichen Horizont wir was angehen“.
Damit das funktioniert, wird der klassische Innovationstrichter genutzt: Am Anfang gibt es unendlich viele Ideen, die über die Zeit kondensiert werden müssen, um die wirklich werthaltigen herauszuarbeiten.
Der Prozess beginnt mit Screening/Scouting, gefolgt von Exploration und schließlich Exploitation. Zunächst sucht das Unternehmen in spezifischen Suchfeldern nach neuen Wertversprechen, die für Kunden interessant sind und mit den eigenen Kompetenzen erzeugt werden können. Diese Suche wird durch das Vertiefen in Technologie-, Geschäfts- und Kundentrends gerichtet. In der Scouting-Phase werden die identifizierten Chancen bewertet, etwa ob es ein passendes Thema für Lapp ist, wie viele Wettbewerber es gibt und ob eine Differenzierung für den Kunden möglich ist.
Ist dies mit Ja beantwortet, geht es in die Discovery-Phase, wo Funktionalitäten mit Mustern erprobt werden, bevor die Produktentwicklung im klassischen Stage-Gate-Prozess beginnt. Diesen effizienzgetriebenen Standardprozess bezeichnet Herr Breier als „evolutionär“.
Beispielsweise werden so bestehende Verbindungs- oder Steckertechnologien kontinuierlich verbessert und neue Generationen auf den Markt gebracht. Solche Projekte werden nur dann genehmigt und vollständig entwickelt, wenn am Anfang des Projekts die Gewissheit eines Markterfolgs besteht, oder maximal Unsicherheit. „Aber nie in Ungewissheit“, so Breier. „Wenn ich ein Wertversprechen finde, wo ich noch ungewiss bin, dann ist der klassische Stage-Gate-Prozess nicht der richtige.“
Welche Rolle interne Start-ups bei Lapp spielen
In solchen Fällen setzt Lapp auf einen anderen Ansatz: die Schaffung von Startup-Strukturen innerhalb des Unternehmens, sogenannten Inkubatoren. Dies basiert laut Breier darauf, dass ein Startup mit geringem Startinvestment schnell Geld verdienen muss, um den nächsten Schritt zu finanzieren. So werde sichergestellt, dass es einen zahlungswilligen Kunden gibt. Dieser intrinsische Antrieb zur kurzzyklischen Validierung mit dem Kunden und zur Erzielung erster Einnahmen wird bei Lapp auf interne Ideen angewandt, bei denen man sich noch unsicher ist, ob sie am Markt erfolgreich sein werden.
Der Startup-Prozess bei Lapp ist nach dem Blank-Modell in vier Phasen unterteilt: Discovery, Validation, Creation, Exit. Nach jeder Phase muss der Startup-Captain erneut vor den sogenannten ‚Shark Tank‘ treten und berichten, was erreicht wurde und wie viel Budget für die nächste Phase benötigt wird. „Das verhindert, dass man zu lange an einer Idee arbeitet und viel Geld hineinsteckt, ohne zu überprüfen, ob es denn wirklich ein vielversprechendes, erfolgsträchtiges Geschäftsmodell oder eine Produktidee ist“, begründet Breier dies.
Ideenfindung und Finanzierung im internen „Shark Tank“
Doch woher kommen die Ideen für die Startups? Um die Barriere für das Einbringen von Ideen so gering wie möglich zu halten, können Mitarbeiter diese in einfacher Form einreichen. „Dann fangen wir an mit der Vorvalidierung und Aussortierung auch im Dialog mit der Person, die einreicht“, erklärt Breier. Wenn das nämlich anonym im Hintergrund passiere und der Mitarbeiter nur die endgültige Absage bekomme, sei das „sehr enttäuschend und der Mitarbeiter wird mit geringerer Wahrscheinlichkeit noch mal eine Idee einreichen.“
Nach dieser Validierung der Ideen, werden die Top-10-Themen ausgewählt. Die Ideengeber werden dann eingeladen, ihre Idee vor dem Global Management Team zu pitchen. „Der Ideengeber muss seine Idee kundenorientiert und überzeugend formulieren können“, sagt Breier. Da er später der Startup Captain werde, müsse er diese Fähigkeit beweisen, denn „er muss ja auch Kunden überzeugen“. Das Global Management Team entscheidet dann, welche Ideen budgetiert und weiterverfolgt werden.
Diese Hürden gilt es beim Innovationsprozess zu nehmen
Die Implementierung interner Startups birgt auch Herausforderungen. Breier spricht im Zuge dessen von ‚Ambidextrie‘ (‚Beidhändigkeit‘): Unternehmen müssen gleichzeitig effizient sein und Geld verdienen, aber auch innovieren. Dies erfordere laut Breier auf der einen Seite gut organisierte Strukturen und auf der anderen Seite flexible Organisationen mit Menschen, „die freidenken und auch mal bereit sind Neues auszuprobieren, Risiken einzugehen, keine Angst vor Scheitern haben“.
Die größte Hürde bei dieser Art Organisationsaufbau sei die Kommunikation, denn sonst könnte der Eindruck entstehen, dass die einen Geld verdienen und die anderen es „zum Fenster rausschmeißen“, betont Breier. Es muss eine Koexistenz geben, und die etablierten Bereiche müssen verstehen, dass interne Startups auf ihre Kompetenzen zurückgreifen können.
Ein weiteres Problem sei das ‚Not-invented-here-Syndrom‘. Das entsteht, wenn eine neue Geschäftsidee später in die Bestandsorganisation rücküberführt wird und die Fachabteilungen nicht frühzeitig involviert wurden. Wenn die Fachabteilungen „nicht begleitet werden in dem Prozess, dann baut sich dieses Syndrom auf über die Zeit“, berichtet Breier. „Dann kommt's überraschend, man fühlt sich nicht involviert und dann kann es ja im ersten Moment erstmal nicht gut sein, dass jemand anders eine gute Idee hatte.“
Breier merkt auch an, dass ein internes Startup erst dann in die positive Exit-Phase überführt werden darf, „wenn es so groß ist, dass die Bestandsorganisation es nicht mehr kaputt bekommt“.
Auch die Bereitschaft von Abteilungsleitern, gute Mitarbeiter für solche Projekte abzustellen, sei eine Hürde, obwohl es eine wertvolle Weiterentwicklung für die Mitarbeiter darstelle. Auch hier sei Kommunikation wichtig, so Breier, um die Vorteile zu erklären. Der Mitarbeitende, der an ein Startup ‚ausgeliehen‘ wird, könne dann schließlich in der Phase viel mitnehmen, das er dann wieder anwenden kann, wenn er in die Fachabteilung zurückkehrt.
Dieser Text basiert auf Auszügen aus dem Podcast Industry Insights. Die Folge mit Hubertus Breier finden Sie unter anderem hier und überall, wo es Podcasts gibt. Im Podcast spricht Breier auch über die Themen Intralogistik und Industrie 5.0. Hier hören Sie die ganze Folge: